Sorry, Deutschland kann wirklich nicht mehr!
Die halbe Welt hält denkt, wir säßen auf vollen Geldkisten. Aber die deutsche Finanzkraft ist nur eine Moment-Aufnahme: Die Konjunktur kippt bereits, immer weniger Deutsche müssen immer höhere Schuldenberge abtragen.
Es gab Zeiten, in denen sich die europäischen Nachbarn vor Deutschland gruselten: Das Land dürfe nie wieder groß und mächtig werden – man wisse ja, was dann passiere...
Und es gibt Zeiten, in denen können wir dem Ausland gar nicht stark genug sein. Jetzt zum Beispiel. Die halbe Welt lobt Deutschland für seine Wirtschaftskraft: die Gewinnmaschine Export, den Stabilitätsfaktor Mittelstand und die Effizienz der Arbeitnehmer.
Doch Vorsicht. Diese Bewunderung ist alles andere als uneigennützig. Denn die lauten Lobhudler wollen etwas von uns: Geld, Geld und noch mehr Geld. Schuldenerlasse für die schwächelnden Euro-Länder, Wachstumsprogramme für die noch halbwegs gesunden sowie eine gemeinsame Haftung für die maroden Banken in ganz Europa.
Liebe Nachbarn, wir müssen Euch enttäuschen: Wir sind nicht einmal halb so stark, wie wir Euch erscheinen. Wir fühlen uns auch nicht als ökonomische Kraftprotze. Denn wir wissen ganz genau, was in Deutschland alles schief läuft. Und welche ungelösten Probleme uns in den nächsten Jahren erdrücken werden – selbst ohne Euro-Rettungsmilliarden.
Wir sind fertig
Erfreulich deutlich hat das Gunnar Heinsohn, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologe und emeritierter Professor, erst kürzlich in einem Aufsatz im FOCUS dargelegt: „Liebe Europäerinnen und Europäer, wir haben fertig!“ Heinsohn wehrt sich gegen den Eindruck, dass Deutschland „auf vollen Geldkisten“ sitze, „aus denen es endlich etwas hergeben müsse“.
Er erinnert die Fordernden daran, dass wir schon die bisherige deutsche Hilfe „nicht mit frei verfügbaren Mitteln“ finanzieren können, sondern „selbst zusätzliche Schulden aufnehmen“ müssen. Und genau darin liegt die größte Gefahr: Irgendjemand muss diese Schulden irgendwann einmal zurückzahlen. Doch selbst das prosperierende Deutschland hat es laut Heinsohn „seit über 40 Jahren niemals“ geschafft, Schulden zu tilgen. Stattdessen aber immer neue verborgene Staatsverpflichtungen angehäuft (Pensionen der Post- und Telekom-Beamten, „Erblastentilgungsfonds“ der deutschen Einheit – und wie sie alle heißen).
Gleichzeitig schrumpft die Zahl der erwerbstätigen Deutschen dramatisch: Derzeit haben 43 Millionen der 15- bis 64-Jährigen einen Job – bis 2050 werden es nur noch 33 Millionen sein. Nicht etwa, weil Deutschland plötzlich faul wird. Sondern weil es immer älter wird.
Diese schrumpfende Zahl der werktätigen Deutschen muss also deutlich länger und deutlich mehr arbeiten als bisher. Allein schon dafür, dass wir unseren heutigen Lebensstandard einigermaßen halten können. Aber auch, um die ständig wachsenden Schuldenberge abzutragen.
Konjunktur auf der Kippe
Hinzu kommt: Selbst das (noch) starke Deutschland kann sich einer neuen Welt-Rezession nicht entziehen. Wenn unsere besten Kunden in Europa, USA und China weniger bei uns kaufen, leidet die deutsche Wirtschaft sogar viel heftiger als die weniger exportorientierten Nationen.
Die Stahlindustrie spürt bereits, dass Auto- und Maschinenbauer weniger Rohstoffe benötigen. ThyssenKrupp prüft Kurzarbeit, Salzgitterleidet „unter verzögerten Bestellungen“.
Die Transportkonzerne aller Art bewegen wegen der bevorstehenden Krise weniger Güter von Ort zu Ort. LufthansaCargo spricht von einer extrem „angespannten“ Lage auf den weltweiten Luftfracht-Märkten. Die Finanzkonzerne registrieren stets sehr früh die schlechte Stimmung ihrer Industrie-Kunden. Diese Negativ-Meinung der Finanzexperten spiegelt der ZEW-Index wider – er rutscht gerade so stark ab wie zuletzt im Jahr 1998.
Deutschland könnte ein Problemfall werden Trotz all dieser Warn-Signale denken unsere europäischen Nachbarn immer noch, allein Deutschland werde den globalen Absturz verhindern. Das werden wir leider nicht schaffen. Nicht, weil wir nicht wollen. Sondern weil diese Aufgabe definitiv eine Nummer zu groß für uns ist.
Deutschland selbst könnte sogar schon in wenigen Jahren zu einem Problemfall für die Weltwirtschaft werden – wenn wir es nicht schaffen, unsere eigenen Herausforderungen zu bewältigen. Gunnar Heinsohn: „Im Stillen hoffe ich, dass die Rating-Agenturen unsere Ohnmacht nicht allzu schnell erfassen.“